Grundlagen für Gespräche mit auffälligen Beschäftigten

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Auf die Wahrnehmung folgen der Entschluss zu Handeln und die Vorbereitung von Gesprächen mit betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Grundsätzlich ist es ratsam, die wahrgenommenen Vorkommnisse zu dokumentieren. Der Vorfall oder wahrgenommene Auffälligkeiten sollten von Ihnen als Führungskraft aus eigener Sicht beschrieben und mit Datum belegt sein. Diese angefertigten Notizen können in den Gesprächen zur Sachlichkeit und Verbindlichkeit beitragen, wie auch zur Absicherung der angesprochenen Anlässe. Außerdem können Sie sich bei der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Gesprächen mit auffälligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern daran orientieren.

 

1. Rahmenbedingungen

  • Abgeschlossenen Besprechungsraum organisieren
  • Informationen zum Hilfe- und Beratungsangebot sammeln
  • Ausreichend Zeit einplanen

2. Gesprächsvorbereitung

  • Fakten/beobachtete Auffälligkeiten im Hinblick auf Arbeitsleistung, Sozialverhalten sowie Anwesenheit konkret zusammentragen
  • Prüfen, inwieweit ein Zusammenhang mit riskantem Alkoholkonsum oder anderen Süchten besteht
  • Optional: Schriftlichen Gesprächsleitfaden anlegen (z.B. persönliches Ziel, Erwartung zu Verhaltensänderung, Folgetermin, Ansprechpersonen)
  • Rollenverteilung klären: angenehme, aber sachliche Gesprächsatmosphäre herstellen
  • Störungsquellen wie Telefon ausschalten bzw. umleiten

3. Eingangskontakt

  • Freundlich mit Namen begrüßen, Platz anbieten und kurz das Gespräch einleiten
  • Vertraulichkeit zusichern
  • Aufklärung darüber, was schriftlich fixiert wird und wer ggf. Kenntnis vom Gespräch erhält
  • Zeitrahmen festlegen
  • Anlass, Art und Ziel des Gesprächs klären (Fürsorge-/Klärungsgespräch oder Stufenplangespräch)
  • Gemeinsames Interesse herausstellen

4. Problemerörterung

  • Auffälliges Verhalten sachlich und konkret benennen (auf Arbeitsaspekt beschränken)
  • In Interventionsphase: Zusammenhang zwischen Auffälligkeiten und riskantem Konsum bzw. Suchtverhalten herstellen
  • Sorge um die Person und die weitere Entwicklung ausdrücken
  • Betroffenen Mitarbeitenden Gelegenheit geben, Stellung zu beziehen
  • Gegebenenfalls nachfragen, aber Diskussion und Ablenkung vom Thema vermeiden

5. Hilfeangebot unterbreiten

  • Unterstützung anbieten, um Veränderung der Situation herbeizuführen, ggf. mit Hilfe weiterer Personen
  • Konkrete interne oder externe Beratungsangebote vorschlagen
  • Hinweis darauf, dass die/der Mitarbeitende selbst darüber entscheidet, ob er/sie diese Angebote annimmt

6. Erwartung an zukünftiges Verhalten und Vereinbarungen

  • Mitarbeitendenverantwortung betonen und Erwartungen an künftiges Arbeits- und Sozialverhalten konkret äußern
  • Konkrete Vereinbarung treffen und weitere Schritte bestimmen
  • Gegebenenfalls weitere Konsequenzen verdeutlichen, wenn keine Änderung erfolgt, und Auswirkungen des Fehlverhaltens auf Universitätsinteressen betonen
  • Termin für Rückmeldegespräch vereinbaren
  • Positive Erwartung äußern
  • Bei protokollierten Gesprächen: Protokollnotiz aushändigen und ggf. abzeichnen lassen
  • Gesprächsablauf reflektieren und Schlussfolgerungen ziehen

 

Diese Fehler sollten unbedingt vermieden werden…

Sie als Führungskraft sind Betroffenen und Dritten gegenüber verpflichtet, problematischen Alkoholkonsum bzw. suchtbedingtes Verhalten in der Universität anzusprechen. Dennoch ist dies immer ein heikles Thema und nicht selten wird die Ansprache vermieden oder lange hinausgezögert. Dabei kann diese Vermeidungshaltung dazu beitragen, dass sich anfängliche Probleme verfestigen und zu einer chronischen Erkrankung entwickeln bzw. negative Auswirkungen für das gesamte Team entstehen. Durch eine frühzeitige Ansprache, gerade auch am Arbeitsplatz, besteht eine Möglichkeit, diese Entwicklung abzuwenden. Keinesfalls sollte problematischer Konsum wissentlich gedeckt und entstehendes Fehlverhalten anderweitig ausgeglichen werden. Durch diese Unterlassungshaltung wird ein Krankheitsverlauf schlimmstenfalls sogar gefördert. Denn für Betroffene entsteht ein „Schonraum“ innerhalb der Universität, der zu keiner Verhaltensänderung Anlass gibt. Weder Betroffenen noch der Universität wäre dadurch geholfen. Denn die Gefahren eines Unfalls am Arbeitsplatz sowie weiterer wirtschaftlicher Schäden durch längere Ausfälle und Minderleistungen der Arbeitskraft bestehen fort oder steigen an. Wenn Sie nicht konsequent eingreifen, besteht das Risiko, dass sich nicht nur der Zustand der oder des Betroffenen verschlechtert, sondern auch das kollegiale Umfeld zusätzlich belastet wird.

Neben der Vermeidungshaltung gibt es auch in der Ansprache selbst einige Fehler, die Sie vermeiden sollten:

1. Diagnosen stellen

Medizinische Diagnosen stellen Ärzte und andere Fachleute. Am Arbeitsplatz sind weder die Vorgesetzten, noch die Personalabteilung oder die Kollegen/-innen ausreichend qualifiziert, um eine Abhängigkeit oder einen Missbrauch zu diagnostizieren. Sprechen Sie stattdessen den riskanten Konsum bzw. das suchtbedingte Verhalten und mögliche Gefährdung an.

2. Medizinische Tipps geben

Auch Tipps zu Behandlungsansätzen oder Therapieinhalten gehören nicht in ein Gespräch zwischen Vorgesetzten und Betroffenen. Medizinische Ratschläge sollten immer von Fachleuten kommen.

3. Vorwürfe, Belehrungen, Bewertungen, Unterstellungen, Anweisungen

Im Gespräch sind diese Ansagen und Wertungen nicht hilfreich. Mit solchen Gesprächsansätzen vermitteln Sie nicht den Eindruck, dass Sie gemeinsame Ziele verfolgen.

4. Panik: Sie werden abhängig, alles wird immer schlimmer

Wahrscheinlich wissen Sie nicht genau, wie verfestigt und vorangeschritten die Sucht der oder des Betroffenen wirklich ist. Sprechen Sie sachlich nur über das, was Ihnen auffällt, was Sie beobachten und was Ihnen Sorgen macht und immer in Bezug zur Arbeitsleistung stehen muss.

Quelle: DHS | Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. – Alkohol am Arbeitsplatz, Eine Praxishilfe für Führungskräfte

 

Umgang mit suchtmittelauffälligen Beschäftigten